5. Mitteldeutscher Archäologentag

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Beschreibung

Farbigkeit spielt im archäologischen Befund in der Regel eine untergeordnete Rolle. Farbfunde sind rar. A priori ist diese Fundlage den Erhaltungsbedingungen geschuldet. Organische Farbmittel, wie beispielsweise Textilfarben. zersetzen sich in der Regel nach der Einbringung in den Boden. Mineralische Pigmente, wie sie gewöhnlich zu Malerei- und Anstrichzwecken verwendet wurden, überdauern die Bodenlagerung dagegen durchaus in ihrer Substanz, sind aber aufgrund ihres dünnschichtigen Auftrages und der geringen Substanzmenge selten im archäologischen Fundgut fassbar. Bessere Erhaltungsbedingungen aber – beispielweise in Feuchtbodenmilieus oder ariden Gegenden – öffnen exemplarisch ein kleines Fenster zu einer farbenprächtigen prähistorischen Welt.

Die Farbe Rot dominiert aufgrund ihrer Häufigkeit und faszinierenden Signalwirkung dabei das Fundbild bis in die Neuzeit. Seit dem Paläolithikum ist Rot in Form des Eisenoxides Hämatit, entweder in Reinform oder natürlichen Verwitterungsprodukten wie Rötel oder Rotocker im archäologischen Kontext belegt. Die hämatithaitigen Pigmente waren nahezu überall aufzulesen, bergmännisch zu gewinnen oder sogar durch Brennen von gelben Ockern künstlich herzustellen. Mit dem beginnenden Neolithikum sind diese beständigen »Rötelerden« beinahe regelhaft für die Bemalung von Körpern, Häusern und Gebrauchsgegenständen überberliefert.

Heute nicht mehr zu erschließen sind der Symbolgehalt oder die Konnotation, die mit der roten Farbe in den prähistorischen, schriftlosen Kulturen verbunden wurden. Klare Angaben zur Verwendung im Ritus und gleichsam zum materiellen Wert der Farbe sind erst den Berichten antiker Autoren zu entnehmen. Als ehemals teurer spartanischer oder später römischer Schneckenpurpur hat sich die Farbe ihre Bedeutung als elitäres Distinktionsmittel bis heute bewahrt. Rot ist im modernen Alltag die symbolträchtigste aller Farben und löst die meisten Reize aus; egal ob der rote Sportwagen als Statusanzeiger, der signalrot leuchtende Korrekturstift oder die roten Lippen Aufmerksamkeit heischender Damen unser Interesse erwecken.

Diese Vielschichtigkeit der Farbe, ihre Gewinnung, Verwendung und auch Wertigkeit wurde während des dreitägigen Kongresses im Oktober 2012 intensiv interdisziplinär diskutiert. Unter Einbeziehung soziopsychologischer, ethymologischer, ethnologisch und historischer sowie lagerstättenkundlicher und farbchemischer Aspekte entstand mit dem vorliegenden Sammelband eine kleine Kulturgeschichte der Farbe Rot.

Als sich Mitte des 19. Jahrhunderts langsam die Erkenntnis durchsetzte, dass die Architektur und Skulptur der klassischen Antike einst farbenfroh und bunt war, sahen konservative Klassizisten ihr Winckelmannsches Idealbild einer weißen Welt in Gefahr. Doch die Befunde waren nicht von der Hand zu weisen. Der Vorgeschichtsforschung steht ein solcher Paradigmenwechsel möglicherweise noch bevor. Die Tagung »Rot« sollte hierzu einen Beitrag liefern und helfen, Farbe zu bekennen.