Archäologie in Sachsen Anhalt / SB 24

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Beschreibung

Vor über 200 Jahren, im Frühjahr 1814 endeten die Kriegszeiten einer Epoche, die nachhaltig die Landesgeschichte Sachsen-Anhalts prägen sollte. Im 18. und 19. Jh. stand Mitteldeutschland mehrfach im Fokus geschichtlicher Ereignisse von europäischer Tragweite, die eine Neuordnung der Staatensysteme und die enorme Vergrößerung des preußischen Staatsterritoriums bewirkten. Auf engem Raum wurden im Süden des Landes Sachsen-Anhalt große Schlachten geschlagen, wie die Schlacht von Roßbach 1757, die Schlacht bei Auerstedt (eigentlich Hassenhausen) 1806 sowie die Schlachten bei Großgörsehen und Wartenburg 1813. Begleitet waren die großen Schlachten von zahlreichen Gefechten und Belagerungen. Dies ist kein Zufall, sondern der geopolitischen Lage Mitteldeutschlands sowie den naturräumlichen Gegebenheiten geschuldet. Die Ereignisse wirkten tief in die Bevölkerung hinein, die, wenn auch nicht unmittelbar am Schlachtgeschehen beteiligt, über Jahre und Jahrzehnte unter den Geschehnissen litt, sei es durch die den Einwohnern aufgebürdete Versorgung der Soldaten, sei es unter den Verwüstungen und Plünderungen, die die Soldaten auf ihren Fouragezügen anrichteten. Unmittelbar nach den Schlachten setzte eine staatlich geförderte Erinnerungskultur ein, mit Feiern, Schriften und Gedenksetzungen, die als „Offizialgeschichte“ über lange Jahre Gegentand geschichtlicher Betrachtung waren.
Daneben blieb immer in der Bevölkerung eine, teils sehr individuell geprägte Erinnerungskultur lebendig, die mit Erzählungen, Augenzeugenberichten oder auch mit Veranstaltungen verbunden waren. Zunehmend rückt diese individuelle Erinnerungskultur in den Fokus wissenschaftlicher Betrachtungen. Die Bewahrung von oder Suche nach Relikten der Schlacht offenbart eine »Vergegenständlichung« des Krieges. Die Funde vom Schlachtfeld als Bestandteil der Erinnerungskultur und als authentische Relikte der damaligen Ereignisse stellen für die Archäologie die wissenschaftliche Grundlage dar, mit deren Hilfe das damalige Geschehen vor Ort erhellt werden kann. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen, wie der Geschichte, die in den Archiven zahlreiche, bisher noch nicht erschlossene Quellen zu kriegerischen Auseinandersetzungen sichtet und auswertet. Die Geowissenschaften tragen dazu bei, die Landschaft zu verstehen, die den Verlauf der Kriegszüge und das Schlachtgeschehen bestimmt hat. Die Schlachtfelder existieren zumeist noch in ihrem historischen Erscheinungsbild in seltener Authentizität. Hoch bedeutsam sind die Erkenntnisse der Anthropologie zum Leben und Leid der Soldaten, die aus den Überresten der gefallenen oder nach der Schlacht an den Verwundungen gestorbenen Soldaten gewonnen werden und dazu beitragen, den anonymen Toten zumindest ein wissenschaftliches Gedenken zu geben.
Vor allem die Rezeptionsgeschichte ist verortet mit Denkmalsetzungen auf den Schlachtfeldern, die von der Baudenkmalpflege unseres Landesamtes erforscht und betreut wird.
Mit dem vorliegenden Sonderband der Reihe »Archäologie in Sachsen-Anhalt« soll eine erste umfassende Betrachtung der Schlachtfelder des 18. und 19. Jh. mit preußischer Beteiligung vorgelegt werden, die auf der Zusammenschau der genannten Fachdisziplinen basiert. Die Kriege haben nicht nur das politische Wirken bestimmt, sondern bis heute tief in die Bevölkerung hinein gewirkt, wie es sich vielerorts an der lebendigen, vielfältigen Erinnerungskultur zeigt.